Kennst du Bücher oder Filme von Vera Birkenbihl oder warst du in einem ihrer legendären Seminare? Für mich ist sie eine der klügsten Frauen gewesen, die unsere Zeit erlebt hat. Leider ist sie mit 65 Jahren gestorben. Viel zu früh. Ich werde den Tag ihrer Beerdigung in Osterholz-Scharmbeck nicht vergessen. Ich glaube noch immer, dass unsere Gesellschaft erst viel später begreift, welche Persönlichkeit im Dezember 2011 von uns gegangen ist.
Wie ich zu Vera F. Birkenbihl kam
Wie ich zu der Grand Dame der Methodiker-Riege gekommen bin, ist eine echte Story. Ich saß in einem ihrer Seminare, in dem sie über unser Bildungssystem und über beratungsresistente Lehrer schimpfte. Sie nahm bei solchen Gelegenheiten nie ein Blatt vor den Mund, denn sie hatte als diagnostizierte Autistin das Asperger-Syndrom. Nach dieser späten Diagnose litt sie weniger darunter, Probleme mit sozialen Kontakten zu haben.
Ich ging am Ende der Veranstaltung mit einem gekauften Buch zu ihr und bat sie um ein Autogramm. Gerne gab sie es mir. Ich nutzt die Gelegenheit und sagte ich zu ihr:
„Ich gehöre übrigens zu Ihrer Hassgruppe. Ich bin Lehrer.“
Daraufhin entgegnete sie sofort: „Ja, aber Sie sind hier.“
Dann winkte sie zu Dr. Dieter Böhm und fragte ihn, ob noch Platz in der Birkenbihlgruppe wäre. Damit war ich aufgenommen. Heute bin ich mit Dieter gut befreundet. Regelmäßig trafen wir uns als Birkenbihlpiloten in ihrem Wohnzimmer zu den Pilotentreffen. Es war unglaublich, welches Wissen die Frau aufgesogen hatte, wie weitreichend ihre Gedanken gingen und wie sie zu allen Dingen Hintergrundwissen hatte. Zwei Schiffscontainer von Büchern hatte sie gelesen und wusste scheinbar von allen den Inhalt, incl. der Seitenangabe:
“Frau Birkenbihl, was halten Sie von diesem Buch?” Wahllos hatte ich eines aus ihren prall gefüllten Regalen genommen.
“Der Autor hat sehr interessante Ansätze. Schlagen Sie mal die Seite… auf. Dort müsste unten ein Zitat angestrichen sein. Der erste Teil ist herausragend, zum zweiten Teil habe ich meine eigene Meinung.”
Schmunzelnd steckte ich das Buch wieder ins Regal, nachdem ich das Zitat und ihre Bemerkungen dazu gelesen hatte.
Birkenbihl-Seminare
Legendär- ihre Seminare. Ihren Tee mit einem Strohhalm schlürfend wuselte sie vorn zwischen zwei Overheadprojektoren, Tafel und allerlei Materialien hin und her. Einmal erschien sie in einem hochdotierten Seminar vor Führungskräften von namhaften Firmen im Trainingsanzug. Als die Nadelstreifenherren plötzlich ins Schweigen verfielen, blickte sie mit blitzenden Augen in die Runde, die schaute dann immer über ihrer Brille hervor, dann hob sie an: „Aus ihrer Reaktion schließe ich, dass Sie ein wenig Anstoß an meiner Kleidung nehmen. “Meine Herren, ich bin flexibel. Ich habe in meinem Büromobil einen anderen Jogginganzug.“ Zwei Minuten später achtete niemand mehr auf Veras Kleidungsordnung, die Frau hatte etwas zu sagen.
Vera begann ihre Seminare mit einem WQS– einem Wissensquizspiel. Das mache ich selbst heute in meinen Seminaren auch. Die Technik ist für Lehrer, Trainer und Vortragsredner einfach genial und sichert garantierte Aufmerksamkeit aller Teilnehmer.
Vera F. Birkenbihls Tod war für uns alle ein Schock
So viel , wie Vera Birkenbihl für ihren Geist tat, so wenig tat sie für ihren Körper. Sie war stark übergewichtig und hatte scheinbar keinen Biorhythmus. Sie arbeitete Nächte durch, schlief irgendwann einmal am Tage für 2-3 Stunden. Urlaub kannte sie nicht. Gegessen wurde, was schmeckte: Chips, Pizza, Cola.
Und ich werde nicht vergessen, als sie uns im Frühjahr 2011 empfing- um 40kg leichter. Das war der Tag, an dem sie uns gestand, am nächsten Tag endlich zum Arzt zu gehen. Die Diagnose wollte sie nicht akzeptieren: Speiseröhrenkrebs im fortgeschrittenen Stadium, eine Operation war unausweichlich. Für uns war das ein Schock. Ttatsächlich verlief die Operation besser als von den Ärzten erwartet. Kaum war Vera von den Todgesagten zurück, ließ sie ihr Krankenzimmer zum Büro umbauen. Natürlich schonte sie sich nicht. Und leider hielt sie sich nicht an die Therapievorgaben. So versetzten sie die Ärzte ins Koma, um den Genesungsprozess zu gewährleisten.
Waren es zwei Monate im Koma? Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass sie uns kurz nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zu einem Kaminabend ohne Kamin einlud, um uns über Hintergründe von Ereignissen zu berichten, die während ihres Komas stattgefunden hatten. Es war das Jahr, in dem Londoner Stadtteile brannten. Während sie im Koma lag. Wie konnte sie davon schon wieder so viel wissen?
Es sollte unsere letzte Begegnung mit der lebenden Vera Felicitas Birkenbihl gewesen sein. Von ihrer Krankheit erholte sie sich nicht mehr. Ihr Körper war schwächer als ihr Geist: Der lebt in uns weiter. In all ihren Erkenntnissen rund um die Funktionsweise unseres Gehirns, in all ihren „Erfindungen“ wie KAWA, KAGA und ABC- Liste, die Kügeli, den Lernberg, ihr Inselmodell, den Mückenschwarm, das Wissensnetz und all die anderen genialen Metapher für komplizierte Sachverhalte, ihre Analograffity, alle ihre Videos und Bücher, all ihre Denkwerkzeuge.
Auf diesen Seiten werden demnächst einige Denkwerkzeuge vorgestellt. Vor allem solche, die ich regelmäßig im Unterricht einsetze..
Vera Birkenbihl polarisierte
Es gab Menschen, die kamen mit ihrer Art nicht klar und stempelten sie als Esoterik-Tante ab. Die sie verstanden, liebten sie. Selbst heute hat sie noch eine riesige Fangemeinde. In der Birkenbihl- Facebookgruppe sind bereits über 4000 Mitglieder registriert. Karin und Stefan Holenstein, unsere Schweizer Fraktion des DACH- Verbandes sind hier besonders engagiert. In Deutschland sind Dr. Dieter Böhm und die TwinEvents und Familie Kuntermann die aktivsten Posten und in Österreich ist es vor allem Roswitha Lackinger.
Als Birkenbihlpilotschüler sind wir dabei- Tochter Anne ist noch im Practitioner dabei, den ich abgeschlossen habe. Bei mir steht nun die Masterarbeit an.
Birkenbihls Witze gehörten zu ihrem Rhetoriktraining
Zuletzt auf dieser Seite noch einen Birkenbihlwitz aus ihrer Witz des Tages- Sammlung. Den testete sie immer per Telefon und ihre Versuchskaninchen mussten ihn bewerten. Vera hat gerne und viel gelacht. Hatte man ihr selbst einen neuen Witz mitgebracht, war sie darüber sehr dankbar. Witzeerzählen war für sie effektives Rhetoriktraining.
“Ah, der neue Chauffeur”, bemerkt der Generaldirektor. “Wie heißen Sie?” “Paul, Herr Generaldirektor.” “Entschuldigen Sie, ich rede meine Angestellten niemals mit den Vornamen an. Ihr Zuname?” “Liebling.” “Also fahren Sie, Paul!”