Gedächtnistraining für Senioren

Speedolino als Gedächtnisspiel auch für Blinde

Eine blinde Frau beim Memoryspielen

Senioren verjüngen ihr Gedächtnis

In unseren Akademie-Räumen ist es ja nun endlich möglich, auch mit Gruppen zu arbeiten. Unsere Idee: Menschen am 60 zusammenzubringen um mit ihnen gemeinsam ihr Gehirn zu trainieren.
Meist ist dies die Altersgruppe, in der Merkprobleme immer offensichtlicher werden und die Angst, bald nicht mehr Herr/Frau über seine Sinne zu sein immer größer.
Wir druckten Flyer, informierten über das Internet. Es dauerte trotzdem fast vier Monate, ehe die ersten Interessenten kamen. Interessierte selbst gibt es natürlich sehr viele: „Ja, das ist toll, dass es euch gibt und nun auch noch in der Nähe, da müsste ich auch mal kommen.“ „Mein Mann kann das gut gebrauchen.“ „Das wäre toll, wenn ich wieder alles merken könnte.“ „Hilft das auch gegen Alzheimer?“
Doch in den ersten Wochen warteten wir vergebens. Sicher, wir hatten sofort auch anderes zu tun, aber es war schade, dass anfangs niemand den Weg zu uns fand.
Die Angst, sich eventuell zu blamieren, spielt offenbar eine große Rolle. Auch der Anspruch, etwas für sich (und nicht für die Familie) zu tun, ist oft unterentwickelt. Die Scheu, die eigene schlechte Merkfähigkeit zur Schau zu stellen, ist groß. Dass all dies vollkommen unbegründet ist, merken die Teilnehmer spätestens, wenn sie erst einmal da sind.

Gedächtnis wird trainiert

Das Gehirn nimmt Fahrt auf

Lernspiele machen fit im Kopf

Tatsächlich ist der aktuelle Altersdurchschnitt unserer Gruppe etwa 74 Jahre. Eine erblindete couragierte Frau hatte kurzerhand die Geburtstagsgesellschaft ihres an Demenz erkrankten Mannes zu uns eingeladen. Hinzu kam ein besorgter Rentner, dessen Merkfähigkeit schon dramatisch zurückgegangen war und ein weiterer über Achtzigjähriger, der seiner Vergesslichkeit den Kampf ansagen möchte. Die bisherigen drei Treffen wurden auch für mich ein Highlight der Woche.
Eifrig machen alle die von uns vorgeschlagenen Übungen mit, die so ganz anders sind, als die Teilnehmer das erwartetet hatten: Wir starteten mit Ja-Nein-Rätseln. Skulpturen mussten aus dem Gedächtnis nachgebaut werden, Geschichten wurden vorgelesen (aus Tommy Tropf natürlich). Letztens spielten wir Speedolino, was für die erblindete Frau eine besondere Herausforderung war. Übrigens hatte sie am Ende die höchste Punktzahl. Das Wichtigste bei allem: Es wird viel gelacht, auch über eigene Unzulänglichkeiten.
Die Stimmung ist wirklich grandios und die Teilnehmer haben das beglückende Gefühl, etwas für die Verjüngung ihres Gehirns  getan zu haben. Das Beste dabei: Es ist nicht nur ein Gefühl.

Hausaufgabe: episodisches Gedächtnis trainieren

Auch Hausaufgaben gibt es bis zum nächsten Treffen. Gestern erhielten die Teilnehmer die Aufgabe, Episoden in ein Episodenbuch einzuschreiben, Episoden aus ihrem Leben. Keine Biographie, nur einzelne Geschichten. Es ist ja häufig nicht so leicht, über sich selbst nachzudenken. Die Zeit der Erzählungen am Lagerfeuer, am Spinnrad oder beim abendlichen Zusammensein ist durch den Fernseher verloren gegangen. Wenn wir aber unsere Geschichten nicht mehr erzählen, gehen sie unserem episodischen Gedächtnis verloren.

Kann Gedächtnistraining Alzheimer verhindern?

Es ist anatomisch erwiesen, dass Gehirn-Übungen, wie wir sie anwenden, zur Vorbeugung vor Krankheiten wie Demenz und Alzheimer dienen. Gleichzeitig steigt das Selbstvertrauen in sich und das Lebensgefühl. Mann/Frau wird buchstäblich biologisch wieder jünger. Verhindern werden auch unsere Übungen und Herausforderungen die Krankheit nicht, auch nicht heilen, aber sie verlangsamt deren Verlauf.
Trotzdem gibt es die berühmt gewordene Nonnenstudie. In ihr wurde nachgewiesen, dass eine Oberin eines Klosters, die mit 85 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben war, offenbar die für die Alzheimer- Krankheit bekannte Plaque im Hirn hatte. Sie war seit 15 Jahren an  der Alzheimer- Krankheit erkrankt, aber niemand- auch sie nicht- hatte es bemerkt. Warum? Offenbar spielte ihre Verantwortung ebenso eine Rolle wie tägliche Hirnübungen. So konnten und mussten ständig neue Nervenbahnen gebildet werden, die die befallenden Zentren “umschifften”.

Senioren spielen Speedolino

Gedächtnistraining für Senioren

Es kribbelt richtig im Kopf

Ihr merkt, die Gruppe existiert und hat ihren Spaß. Mittlerweile treffen sich die Frauen und Männer immer jeden zweiten und vierten Mittwoch bei uns und wollen nach dem Treffen immer gar nicht gehen, so viele Fragen liegen ihnen noch auf dem Herzen.
Als alle gestern zum Aufbruch bliesen,  meinte die erblindete Ulli: „Jens, bei deinen Übungen kribbelt es regelrecht in meinem Kopf. Es tut mir so gut.“ Ihre Freundinnen aber freuten sich besonders über Ullis Mann, der an der Demenz leidet: „Wir haben ihn seit Jahren nicht mehr so glücklich gesehen.“

Na wenn das kein Kompliment ist.

Treffpunkt jeden zweiten Mittwoch /Monat von 15.30- 16.30 Uhr in der Neuen Spreestr. 2 in Fürstenwalde

Euer Jens