Interessant Unterricht gestalten durch ABC- Listen und Kategorisieren

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Durch Kategorisieren und die Anwendung von ABC- Listen ist es leicht, Unterricht interessant zu gestalten: Noch bevor meine Schüler in der 8. Klasse mit dem eigentlichen Unterrichtsstoff dieses Jahrganges loslegten, beschloss ich mit ihnen eine Art Inventur ala Vera F. Birkenbihl zu machen.

Ich gab meinen Schülern vorbereitete ABC- Listen und bat sie, in den folgenden 5 Minuten Begriffe zu finden, die zum Thema Afrika passen. Um einen kleinen Wettbewerb zu provozieren, ergänzte ich: “Ich bin gespannt, wer die meisten Wörter in den 5 Minuten findet.” Allerdings schränkte ich ein:
“Schreibt nur Begriffe auf, die typisch für Afrika sind. Allgemein gültige Begriffe wie “Menschen”, “Meer”, “Regen” oder “Inseln” werden als “Allgemeinos” später  aus der Liste wieder gestrichen und gelten nicht. Übrigens macht es auch keinen Sinn, vom Nachbarn die Begriffe gleich zu übernehmen, da wir nach den 5 Minuten sowieso unsere Listen miteinander vergleichen”.

Interessant Unterricht gestalten setzt voraus, dass man ab und an  eine neue Methode einsetzt. Dies schien sich gleich zu Beginn der Unterrichtssequenz zu bestätigen. Begeistert  setzte ein reges Schreiben ein, bestimmte Buchstaben wurden mehrfach belegt, andere blieben frei. Nach 5 Minuten ließ ich die Begriffe zählen und die Anzahl unter ihre Liste setzen.
Jetzt durfte drei Minuten lang mit dem Nachbarn verglichen und Wörter ausgetauscht werden.
Jedes zusätzlich erlangte Wort, das danach auf dem Zettel stand, brachte doppelten Punktwert, der notiert wurde.

Zum “Interessant Unterricht gestalten” gehört natürlich auch, dass es schon mal lustig (zuweilen auch etwas lauter) zugeht:
“Ab jetzt gilt afrikanischer Basar, soll heißen, jetzt könnt ihr mit Eurem Wissen handeln:
Wenn ihr einen seltenen Buchstaben belegt habt (z.B. das I), andere Mitschüler aber nicht, könntet Ihr Euer Wort anbieten, um ein neues Wort , vielleicht sogar zwei zu erhalten, die Ihr sofort in Eure Liste eintragt.”
Natürlich ging es von der Lautstärke her tatsächlich fast wie auf einem Basar zu. Eifrig bemühte sich jeder, neue Wörter zu erhalten und bot seinerseits seine an. Die Listen wurden zusehends länger.
Neue Begriffe tauchten auf und mussten erklärt werden. Emilia, die gerade aus dem Afrikaurlaub zurück kam, hatte dadurch wertvolle Handelsware, Jonas hatte die Begriffe “Katarakt” und “Wadi” in einer Filmreportage gehört und musste nun diese erklären, Maria war erklärter Ägyptenfan und punktete mit ihren Kenntnissen über Pharaonen und Pyramiden.

Nach ca. 10 Minuten Feilschens ebbte der Lärm ab, jeder zog sich mit prall gefüllter Liste zu seinem Platz  zurück. Die Listen wurden nun von zwei Arbeitsgruppen durchleuchtet:
Gruppe 1 durfte überprüfen, ob die Begriffe tatsächlich zu Afrika passen und gegebenenfalls darüber gemeinsam befinden, während Gruppe 2 “Allgemeinos” herausfiltern sollte. In beiden Fällen wurden diese Begriffe markiert und vom Gesamtpunktestand abgezogen.

Währenddessen hatte eine dritte Gruppe die Aufgabe, zu den Begriffen der Klasse Kategorien zu finden und diese auf je ein DIN A4- Blatt zu schreiben.
Darauf standen dann die Oberbegriffe Länder, Städte, Flüsse, Seen, Inseln, Religionen, Tiere und Pflanzen.

interessanten Unterricht gestalten durch Kategorisieren

Zuletzt durfte jeder übriggebliebene Begriffe einer beliebigen Liste auf ein DIN A6- Blatt schreiben, um sie zu den auf dem Fußboden liegenden Kategorien zuzuordnen. Auch hier musste ab und an diskutiert werden: War Madagaskar nun ein Land oder eine Insel. Man entschloss sich, ein zweiten Mal Madagaskar auf eine Karte zu schreiben und den Begriff zwei Kategorien zuzuordnen.
Es geschah auch, dass  Begriffe auftauchten, die keiner dieser Kategorien zuzuordnen waren. Malaria, Gelbfieber, Schlafkrankheit? Hier lohnte sich eine neue Kategoriekarte anzulegen: Krankheiten.

Rassismus, Nomaden, Beduinen, Apartheit?- man entschied sich für “Bewohner”.

Absolut außergewöhnlich war die Intensität des Unterrichts. Ich als Geolehrer war verblüfft, dass Fachbegriffe, die erst  im Laufe des Schuljahres irgendwann eingeführt werden müssten, schon präsent waren . Man hatte sich selbst  unterrichtet. Jeder Schüler war begeistert bei der Sache, alle fanden Spaß daran, an der kollektiven Intelligenz teilzuhaben und etwas  beitragen zu können.

Weit über 120 Begriffe wurden kategorisiert und dabei diskutiert. Unbekannte Begriffe erklärt.
Wenn wir in der nächsten Stunde “richtig” in den Unterricht einsteigen, fangen wir längst nicht mehr bei Punkt Null an, sondern können bereits auf eine Menge Wissen zurückgreifen.

Nur der Vollständigkeit halber: Die meisten Punkte hatte am Ende Niklas, aber das war eigentlich unwichtig. Ich glaube, Vera F. Birkenbihl hätte heute ihre Freude gehabt.

Übrigens die ABC- Listenblöcke gibt es hier.

Jens Voigt

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