Ein Schlaganfall kann jeden treffen

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Schlaganfälle bekommen nur alte Menschen.
Dass ein Schlaganfall nur alte Menschen erleiden, ist leider ein weit verbreiteter Irrtum. Selbst Kinder könnten betroffen sein.
Sicherlich steigt das Risiko für einen Schlaganfall bei “alten Leuten” an.

Aber was passiert eigentlich bei einem Schlaganfall eigentlich? Oft wird ein Schlaganfall mit einem Herzinfarkt verwechselt. Übrigens nicht vom Patienten selbst, der merkt es durch einen gravierenden Unterschied:
Ein Schlaganfall tut nicht weh. Wenigstens etwas Gutes.

Zwei Möglichkeiten gibt es für den „Kurzschluss im Gehirn“:
Ein Gefäß ist verstopft und unterbricht damit kurzzeitig die Sauerstoffversorgung der Nervenzellen oder ein Gefäß platzt im Gehirn.
In beiden Fällen sterben Gehirnzellen, manchmal sogar ganze Zentren ab. Je nachdem, wo der Einschlag kommt, werden unterschiedlichste Bereiche in Mitleidenschaft gezogen.

Und was kann eine Ader verstopfen?

Meist sind es Verklumpungen, die sich beispielsweise aus Thrombozyten bilden und nicht schnell genug von der bluteigenen Polizei „aufgefressen“ werden. Gelangt solch ein Klumpen in enge Gebiete (beispielsweise in eine verengte Halsschlagader), wird der Zufluss verstopft und die Versorgung des Gehirns ist unterbrochen.

Was fällt aus?

Meist geschieht das aber in den kleineren Adern direkt im Gehirn, den Kapillaren und dann fällt plötzlich das Sehzentrum aus, die Bewegung funktioniert nicht mehr oder man kann nicht mehr sprechen oder schreiben:
Diese Ausfallerscheinungen meist begleitet mit einem schief stehenden Mund sollten Anlass zu ganz schnellem Handeln sein- sofort Arzt holen! Da der Betroffene dazu meist nicht in der Lage ist, ist er auf fremde Hilfe angewiesen. Hier entscheiden Sekunden, wie groß der Schaden ist oder wird.

Stroke Units in Krankenhäusern- ein Segen

In sogenannten Stroke Units ist man auf Schlaganfallpatienten spezialisiert. Glücklicherweise gibt es diese Einrichtungen bereits in vielen Krankenhäusern. Hier wird schnellstens gehandelt, um weitere Schäden zu vermeiden. Wenn geklärt ist, um welchen Schlaganfalltyp es sich handelt, wird dem Patienten beispielsweise Blutverdünner gegeben, um die Verstopfung schnell zu lösen.
Manchmal muss auch operiert werden.

Mein Schlaganfall vor 7 Jahren

Ich hatte meinen Schlaganfall vor etwa 7 Jahren und hatte dreifaches Glück- einerseits konnte ich noch meine Tochter Steffi anrufen, andererseits war ich zum damaligen Zeitpunkt sehr gut ausdauertrainiert, meine Adern waren also eigentlich ohne Ablagerungen. Trotzdem hatte es wahrscheinlich eine Verklumpung von durch ein Antibiotika abgetötete Bakterien geschafft, mein linkes Sehzentrum kurzzeitig abzuschalten. Steffi brachte mich sofort zum Krankenhaus und nach 30 Minuten hatte ich meine Blutverdünner und das Sehen setzte wieder ein. Ich hatte keiner Ausfälle im Bewegungszentrum, also auch keine Lähmungserscheinungen.

Nächster Einschlag in der Familie- Mutti Neue Nervenbahnen müssen her- Training ist angesagt

Bei meiner Mutter (79 J) setzte vor drei Wochen das Sprechzentrum aus, der Mund stand schief und der rechte Arm wollte nicht mehr so wie er sollte. Klarere Anzeichen für einen solchen Schlaganfall gibt es fast nicht. Trotzdem überwies sie ihr Hausarzt erst einen Tag später ins Krankenhaus…es könnte schließlich auch ein Schlaganfall sein…. Grrr.

Da nun relativ viel Zeit verstrichen war, waren schon ein paar mehr Hirnzellen abgestorben. Das Lesen, das Schreiben und das Sprechen fielen schwer, die rechte Gesichtshälfte war ein wenig gelähmt und der rechte Arm machte Probleme. Sie konnte nichts mehr festhalten.

Hausaufgaben in der Intensivstation

Auch wenn sie ziemlich erschöpft war, brachte ich ihr sofort „Hausaufgaben“ ins Krankenhaus:
Ich hatte von den Erfolgen von Dr. Dieter Böhm bei dessen Mutter gehört, der sie ABC- Listen schreiben ließ. Auch bei meiner Mutti sollte diese Methode schnell fruchten: Ihre erste Aufgabe: Sie sollte bis zum nächsten Tag alle Vornamen aus der Verwandtschaft in eine ABC- Liste schreiben und in der nächsten Liste alle Vogelarten, die ihr einfallen. Die Ärzte und Therapeuten waren verwundert über ihre schnellen Fortschritte. Leider hatte Mutti die ersten Zettel bald entsorgt, denn sie waren fast leer und mit einer krakligen Schrift geschrieben. Nach nur wenigen Tagen zeigte sie mir voll Stolz ihre ausgefüllten Zettel. Ihr Denken war wieder klar, die Schrift war wieder ihre alte.

Sprechtraining mit Mindmaps

Nun galt es, das Sprechen wieder zu trainieren. Der Zufall wollte es, dass ich zu dieser Zeit gerade an einigen Mindmaps zum professionellen Sprechen für die Sprechbar in Berlin saß. Diese wurden nun schnellsten fertig gestellt und ebenfalls ins Krankenhaus gebracht.  Mit diesen Blättern ging es nun richtig schnell. Dank ausgewählter Zungenbrecher für jeden Konsonanten und jeden Vokal war meine Mutter bald so gut trainiert, dass sie von ihrer Logopädin immer die schwierigsten Texte in der Reha- Gruppe bekam. Die Therapeuten  waren von den Fortschritten regelrecht verblüfft. Solch eine schnell genesene Patientin war ihnen noch nicht vorgekommen. Diese Mindmaps waren also Gold wert.

Geschenk zum Muttertag zu Hause

Natürlich trainierte Mutti auch weiter mit den ABC- Listen des ALMUT-Spiels, nur dass sie nun zu dem Schreiben, die Wörter auch so deutlich wie möglich aussprach. Heute am Muttertag konnten wir uns wieder wie früher unterhalten, gemeinsam lachen und… naja- ich konnte nicht anders- ich ließ sie noch schnell eine 50stellige Zahl auswendig lernen und sie hatte sichtlich Spaß dabei, schließlich hatte es auch nur 15 Minuten gedauert. Und da mein Vater gerade in der Nähe war, durfte er diese Gehirnübung auch gleich mitmachen.
Ich beschäftige mich seit über 20 Jahren mit den Techniken fürs gehirngerechte Lernen: Dieser Tag heute mit meiner genesenen Mutter hat mir vor Augen geführt, wie wichtig es ist, solche Erkenntnisse auch weiter zu geben und anzuwenden.
Dass ich damals vor 7 Jahren diesen Schlaganfall hatte, hatte auch etwas Gutes:

Ich dachte auf einen Schlag anders über mich nach, ich sortierte mein Leben plötzlich vollkommen neu. In dieser Phase fasste ich auch den Entschluss, mit der Lernwerkstatt etwas ganz Wichtiges im Leben zu schaffen. Wer weiß schließlich , wie viel Zeit einem bleibt. Fortan wurde jeder Tag wichtig und das ist so geblieben. Ich genieße jeden einzelnen Tag, lebe meinen Traum jeden Tag. Ich lerne tolle Leute kennen, kann unglaublich vielen Leuten beim Lernen helfen.
Und es werden noch viele tolle Sachen entstehen. Versprochen!

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